Hanni und Nanni schnuppern Bühnenluft / Hanni und Nanni Sonderband Bd.4
Nicht mehr lange bis zu den Sommerferien. Normalerweise brechen jetzt für Hanni und Nanni ruhigere Zeiten an. Doch Frau Theobald verkündet überraschende Neuigkeiten: Ein Austausch mit einer Kunst- und Schauspielschule steht auf dem Programm. Die Freundinnen...
- Kreditkarte, Paypal, Rechnungskauf
- 30 Tage Widerrufsrecht
Produktdetails
Produktinformationen zu „Hanni und Nanni schnuppern Bühnenluft / Hanni und Nanni Sonderband Bd.4 “
Klappentext zu „Hanni und Nanni schnuppern Bühnenluft / Hanni und Nanni Sonderband Bd.4 “
Nicht mehr lange bis zu den Sommerferien. Normalerweise brechen jetzt für Hanni und Nanni ruhigere Zeiten an. Doch Frau Theobald verkündet überraschende Neuigkeiten: Ein Austausch mit einer Kunst- und Schauspielschule steht auf dem Programm. Die Freundinnen sind in heller Aufregung! Doch die Stimmung wird getrübt durch die eingebildete Stella, die die Besucherinnen aus Lindenhof nicht leiden kann und jede Gelegenheit nutzt, ihnen das zu zeigen. Als die lustigen Zwillinge auch noch zum Vorsprechen eingeladen werden, wird sie unglaublich wütend - und fast passiert ein Unfall. Dabei haben Hanni und Nanni längst erkannt: Rampenlicht ist was für andere, sie freuen sich wieder auf ihr Internat Lindenhof ...
Lese-Probe zu „Hanni und Nanni schnuppern Bühnenluft / Hanni und Nanni Sonderband Bd.4 “
Hanni und Nanni schnuppern Bühnenluft von Enid BlytonEin Brief mit Folgen
... mehr
„Zwei Wochen Studienfahrt! Klingt das nicht einfach himmlisch?", seufzte Hanni neidisch, während sie den älteren Schülerinnen nachblickte, die gut gelaunt die Gänge entlang schlenderten. Es dauerte zwar noch einige Wochen bis zu den Sommerferien, doch sie hatten bereits alle Klassenarbeiten geschrieben. Das zweite Schulhalbjahr fiel in diesem Jahr besonders lang aus, und daher hatte Frau Theobald beschlossen, die verbleibende Zeit vor den Ferien für eine gemeinsame Studienfahrt der fünften und sechsten Klasse zu nutzen. „Immerhin haben wir die Büffelei hinter uns und können reinen Gewissens ein bisschen faulenzen", versuchte Nanni ihre Schwester aufzumuntern. Doch auch wenn sich die zwei Mädchen mit ihren braunen Pferdeschwänzen und den Sommersprossen äußerlich glichen wie ein Ei dem anderen, hatte die quirlige Hanni deutlich weniger Bedürfnis nach Ruhe als ihre Schwester. „Ich würde viel lieber auch wegfahren, statt hierzubleiben. Zu öde, dass wir nicht mitdürfen. Dabei sind wir doch schon in der Vierten. Ich verstehe einfach nicht, warum das eine Jahr so viel ausmachen soll!" Lässig legte Bobby den rechten Arm um Hannis, den linken um Nannis Schulter. „Wenn wir schon nicht wegfahren, sollten wir uns etwas einfallen lassen, damit in den nächsten Wochen keine Langeweile aufkommt. Hat Hilda nicht etwas von Projektwochen läuten hören? Vielleicht bringt das etwas Abwechslung. Ich hätte auch schon ein paar Ideen: Wie wäre es zum Beispiel, wenn wir Lügendetektoren bauen? Oder einen Hausaufgabenroboter, der uns die tägliche Plackerei abnimmt?" Nanni stimmte sofort in Bobbys Lachen ein, doch Hanni war nicht so schnell bereit, sich mit den Tatsachen abzufinden. Unzufrieden stampfte sie auf. „Ach, Projekte! Mir wäre ein Wunder lieber, damit wir auch mit auf die Studienfahrt dürfen!" „Na kommt schon, lasst uns mal sehen, was die anderen machen", versuchte Nanni noch einmal, dem Gejammer ein Ende zu bereiten. Gerade hatten sie sich zum Gehen gewandt, als eine wohlbekannte Stimme sie zurückhielt. „Hanni, Nanni, Bobby, das trifft sich ja bestens." Unerwartet sahen sie sich ihrer Direktorin gegenüber. „Ich hätte da ziemlich dringend etwas mit eurer Klasse zu besprechen." Frau Theobald warf einen abschätzenden Blick auf ihre Armbanduhr. „Jetzt muss ich noch zu Mamsell, aber gleich danach habe ich Zeit. Sagt doch bitte euren Klassenkameradinnen Bescheid, dass ich euch in einer Stunde bei mir im Büro erwarte." Freundlich nickte sie ihnen zu, bevor sie würdevoll wie immer an ihnen vorbei in das Lehrerzimmer verschwand. Verdutzt sahen die Mädchen ihr hinterher. Bobby brach als Erste das Schweigen. „Habt ihr einen Schimmer, wem oder was wir diese spontane Einladung verdanken? Wir haben doch nichts ausgefressen, oder sehe ich das falsch?"
Nanni antwortete im Brustton der Überzeugung: „Nein, natürlich nicht, zumindest nicht dass ich wüsste, aber sie sah ja eben auch nicht verärgert aus. Wenn ihr mich fragt, klang das eher so, als hätte sie gute Neuigkeiten." Hannis Miene hellte sich auf. „Wer weiß - vielleicht hat der Himmel unser Flehen erhört und wir dürfen doch mit den Großen fahren." Nanni kicherte über ihren dramatischen Ton. „Jetzt mach aber mal halblang!" Aber ihre Schwester und Bobby fingen nun an, alle möglichen Vermutungen darüber anzustellen, was Frau Theobalds Anliegen sein könnte. „Vielleicht eine neue Schülerin? Eher unwahrscheinlich kurz vor den Sommerferien. Oder geht es doch um die Projektwochen?" Wieder war es Nanni, die sie bremste: „Eins nach dem anderen, erst einmal müssen wir den anderen Bescheid sagen." Aufgekratzt liefen sie los, und als sie wenig später im Aufenthaltsraum ankamen, empfing sie fröhliches Stimmgewirr und gemütliches Chaos. Doris und Marianne ließen sich von Carlotta unter vergnügtem Lachen einen Tanzschritt beibringen. Unbeeindruckt von der lauten Musik, die aus dem Radio dröhnte, saß Claudine in einem der Polstersessel und bestickte hingebungsvoll ein Halstuch. Petras schlaue Nase steckte wie so oft in einem dicken Buch, und neben ihr schmökerte Hilda in einer Zeitschrift. Bei dem schwungvollen Auftritt der drei Freundinnen blickten alle erwartungsvoll hoch. „Was ist los? Habt ihr im Lotto gewonnen?", fragte Hilda. Bobby antwortete mit einer Gegenfrage. „Wer weiß? Vielleicht haben wir das sogar? Ratet, wen wir gerade vorm Schwarzen Brett getroffen haben!" Aber sie ließ ihnen keine Chance zu antworten, sondern erzählte rasch weiter: „Frau Theobald! Sie hat uns beauftragt, euch zusammenzutrommeln. Um sechs Uhr sollen wir alle in ihr Büro kommen, weil sie etwas mit uns zu besprechen hat - dringend!" Hilda zog erstaunt die Augenbrauen in die Höhe. „Hat sie denn nicht mal angedeutet, worum es geht?" Als Hanni verneinte, wurde es erst ganz still, doch nur einen Moment später schwatzten alle durcheinander. Schnell spaltete sich die Klasse in zwei Parteien. Die einen - allen voran Bobby und Hanni - glaubten, dass es sich um gute Nachrichten handelte. „Vielleicht gibt es noch freie Plätze für die Studienfahrt, und wir dürfen doch mitfahren", schlug Hanni vor. Bobby machte große Augen. „Ja, vielleicht ... ?" Nanni und einige andere hielten diese Hoffnungen für verfrüht. „Wahrscheinlich geht es um etwas ganz anderes!" Über der hitzigen Diskussion vergaßen sie ganz, auf die Uhr zu schauen, bis Hanni sie unterbrach: „Egal, was Frau Theobald uns zu verkünden hat, in wenigen Minuten sind wir schlauer!" Es war so still, dass man ein deutliches Knarren hörte, als die große Marianne auf ihrem Stuhl ungeduldig hin und her rutschte. Nicht nur sie, auch alle anderen saßen gespannt wie Flitzebögen vor dem Schreibtisch ihrer Direktorin und warteten darauf, dass sie endlich das Wort ergriff. „Bestimmt habt ihr euch schon gefragt, worüber ich mit euch reden möchte!", leitete Frau Theobald das Gespräch ein und schürte damit, wenn das überhaupt möglich war, die Neugier ihrer Schülerinnen noch ein wenig mehr. Vorsichtig zog sie einen Briefumschlag aus ihrer ledernen Schreibmappe. „Vor einigen Monaten habe ich das Feiertagswochenende bei meiner Schwester verbracht. Bei dieser Gelegenheit haben wir uns eine Abendveranstaltung der dort ansässigen Quentin-Schule für Künste angeschaut." Die Mädchen horchten auf. Quentin?
„Ist das nicht das Internat, auf das Nadine gewechselt ist?", fragte Nanni. Frau Theobald nickte. „Ganz genau! Ich muss sagen, es war eine wirklich fabelhafte Aufführung. Es wurden verschiedene Darbietungen gezeigt. Ein kleines Theaterstück, Gesang, Ballett, alles begleitet von einem hervorragenden Schulorchester. Nadine hatte ebenfalls einen Auftritt. Sie hat sich wirklich prächtig entwickelt!" Die Mädchen hörten teils erfreut, teils enttäuscht zu. Sie konnten sich noch gut an ihre Überraschung erinnern, als sich herausstellte, dass die schüchterne „graue Maus" Nadine eine wundervolle Stimme hatte, mit der sie alle beim legendä ren Lindenhof-Ravenstein-Gesangswettbewerb bezau bert, ja sogar zu Tränen gerührt hatte. Da war es kaum verwunderlich, dass Nadines Eltern das Gesangstalent ihrer Tochter fördern wollten und sie auf eine Schule mit künstlerischem Schwerpunkt geschickt hatten. Aber was gab es denn dazu so Wichtiges zu besprechen? „Hat Nadine Ihnen geschrieben?" Hanni beschloss, den Stier bei den Hörnern zu packen. Frau Theobald entfaltete langsam den dicht beschriebenen Briefbogen. „Nein, dieser Brief ist nicht von Nadine", antwortete die Direktorin. „Er ist von Frau Reinhoff, Quentins Direktorin. Ich bin nach dem Konzert mit ihr ins Gespräch gekommen. Ihr müsst wissen, Nadine hat Lindenhof ihren neuen Mitschülerinnen gegenüber in den allerhöchsten Tönen gelobt. Frau Reinhoff wusste schon einiges über uns und wollte gerne noch mehr erfahren. Ich war mindestens genauso interessiert daran, mir Quentin etwas genauer anzuschauen, daher hat sie mich gleich für den nächsten Tag eingeladen. Ich habe den ganzen Nachmittag dort verbracht." Sie machte eine Pause, und ein kleines Rascheln des Papiers bewirkte, dass sich die Mädchen wie auf Knopfdruck ein Stück nach vorn lehnten. „Gestern habe ich nun diese Nachricht von ihr erhalten, mit der sie euch einlädt, einige Wochen in Quentin zu verbringen!" Die Mädchen trauten ihren Ohren nicht und blieben mucksmäuschenstill, während Frau Theobald weitersprach. „Wir haben uns überlegt, eine Art Austauschprogramm der vierten Klassen ins Leben rufen. Unsere Mädchen sollten die Gelegenheit bekommen, auch einmal andere Schulformen zu erleben. Da in Quentin einige Klassen recht kurzfristig das Angebot für eine Theaterfreizeit angenommen haben, kamen wir auf die Idee, den ersten Austausch auf die Wochen vor den Sommerferien zu legen. Im Gegenzug kämen dann einige Quentin-Schülerinnen vor den Winterferien nach Lindenhof."
Langsam begannen die Mädchen das soeben Gehörte zu begreifen. „Soll das bedeuten, dass wir, also unsere Klasse, tatsächlich zu Nadine nach Quentin fahren darf?", fragte Hanni atemlos.
Frau Theobald steckte den Brief wieder in den Umschlag. „Ehrlich gesagt, bin ich sehr gespannt, was ihr für Erfahrungen machen werdet. Quentin ist ebenfalls ein angesehe nes Mädcheninternat, hat aber ein völlig anderes Lehrkonzept. Viele Fächer haben einen künstlerischen Bezug: Ballett,
Choreografie, Schauspiel, Malerei und einiges mehr. Ihr müsst wissen, Quentins regelmäßige Aufführungen sind in Kennerkreisen hochgelobt, und nicht wenige der ehemaligen Schülerinnen haben große Karrieren gemacht." Beeindruckt lauschten die Mädchen Frau Theobalds Erklärungen. Austauschschülerinnen in einer echten Künstler-schmiede? Das hatte Flair! „Wann genau? Und wie ... ?" Hannis Stimme überschlug sich fast. „Ich habe das Thema mit einigen Lehrerinnen besprochen. Wie ihr sicher wisst, wird Frau Roberts die Studienfahrt begleiten. Frau Lewis möchte nach dem Unfall ihrem ge brochenen Fuß etwas Ruhe gönnen und bleibt lieber hier. Mamsell ist eine große Liebhaberin der Künste und kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus, als ich ihr von der Schule berichtet habe. Zudem befindet sich die dortige Französischlehrerin mit auf der Theaterfreizeit, sodass Mamsell als Austauschlehrerin herzlich willkommen wäre." Die Mädchen wechselten vielsagende Blicke. Das versprach lustig zu werden. Sie alle mochten ihre temperamentvolle Französischlehrerin mit dem großen Herz. Petra brannte jedoch eine andere Frage auf der Seele: „Aber stimmt es, dass während der Zeit, in der die anderen verreist sind, für die jüngeren Schülerinnen Projektwochen stattfinden?" „Ja", antwortete Frau Theobald. „Einige Mädchen aus der Fünften fahren ja nicht mit und haben sich schon angeboten, gemeinsam mit den Lehrerinnen ein paar Kurse zu organisieren. Warum fragst du?" Petra zögerte mit ihrer Antwort. „Ach, ich hatte da so eine Idee für ein Physikprojekt." „Das Planungstreffen für die Projektwochen findet morgen Nachmittag statt. Du bist herzlich willkommen. Vielleicht möchte eines der älteren Mädchen deine Idee aufgreifen", schlug die Direktorin vor und richtete den Blick auf die anderen Mädchen, die sich für Projektwochen so gar nicht mehr interessieren konnten. In Gedanken waren sie schon dabei, ihre Koffer für Quentin zu packen.
„Ich brauche euch nicht zu sagen, dass wir mit den Vorbereitungen für den Austausch zeitlich sehr knapp dran sind. Ich benötige selbstverständlich auch noch die Einverständniserklärung eurer Eltern, und dann müsste ich Frau Rein-hoff Bescheid geben, dass wir ihre nette Einladung gerne annehmen."
Ohne nachzudenken, platzte Jenny heraus. „Ich kann es kaum erwarten, endlich mal was Neues!" Betroffen schlug sie sich die Hände vor den Mund. „So hab ich das natürlich nicht gemeint, ich ... ich ... " Frau Theobald nahm ihr den kleinen Gefühlsausbruch aber keinesfalls übel. „Bestimmt habt ihr jetzt eine Menge zu besprechen. Geht und genießt euer Abendessen. Überlegt euch bis morgen, wer mitfahren möchte, und teilt mir eure Entscheidung dann mit." Mit diesen Worten waren sie entlassen und fanden sich kurz darauf auf dem Flur wieder.
Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, griff Hanni nach den Händen ihrer Schwester und setzte zu einem Freudenhüpfer an. Sie liebte Abenteuer, und das sah ganz nach einem aus. „Quentin! Schule für Künste - das stelle ich mir ungeheuer aufregend vor." Auch Doris war völlig in ihrem Element: „Mädchen, habt ihr gehört, wie Theo erzählt hat, dass viele Quentin-Schülerinnen eine große Karriere gemacht haben? Ich wette, wenn ich erst mal dort bin, werde ich entdeckt und gewinne irgendwann einmal einen wichtigen Filmpreis." Claudine schmunzelte. „Natürlich! Selbst wenn wir den erst erfinden müssen, aber das schaffen wir auch noch. Vielleicht so was wie ‚Die goldene Linde‘?" Die Mädchen mussten lachen. „Pass mal auf, am Ende wirst du tatsächlich entdeckt", rief Jenny. Immerhin hatte Doris sie schon oft mit ihren komischen Einlagen zum Lachen gebracht. Legendär war ihr Auftritt auf Mamsells Geburtstagsfest, bei dem sie eine liebevolle Parodie der Französischlehrerin zum Besten gegeben hatte. Aber nun siegte der knurrende Magen doch über die großen Neuigkeiten, und sie zogen Doris in Richtung Speisesaal. „Am liebsten würde ich sofort morgen losfahren! Auf nach Quentin!", rief Doris. Nanni teilte ihre Begeisterung. „Ganz ehrlich, das finde ich noch besser als eine Studienfahrt oder Badeferien oder so was. Ich meine, das kann man schließlich immer noch machen, in den Sommerferien mit Mama und Papa zum Beispiel." Hanni ergänzte sofort: „Ganz genau! So eine Chance kommt nur einmal, und die darf man sich nicht entgehen lassen. Wer will schon in der Sonne schwitzen, wenn man stattdessen Bühnenluft schnuppern darf?" „Aber möchten denn tatsächlich alle mit?" Hilda sah in die Runde. „Na klar wollen wir, was gibt es da zu bereden. Wir hätten Theo gleich zusagen können!", begehrte Carlotta auf und pustete sich eine ihrer wilden schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sie als ehemaliges Zirkusmitglied konnte ihr Glück kaum fassen: Da stand bestimmt auch Akrobatik auf dem Stundenplan! Hanni und Nanni schauten ihre Freundinnen an. Marianne, Doris, Bobby und Jenny hatten aus ihrer Vorfreude keinen Hehl gemacht. Pat wirkte ein bisschen stiller als sonst, und dann antwortete sie Hilda: „Ich würde zu gerne mitkommen, das könnt ihr mir glauben. Aber da gibt es ein Problem: Meine Großtante Heidelinde feiert genau dann, wenn wir in Quentin wären, ihren neunzigsten Geburtstag. Meine Eltern veranstalten ein riesiges Fest mit allen Verwandten, manche von ihnen reisen extra aus dem Ausland an. Und selbstverständlich muss Großtante Heidelindes Lieblingspatengroßnichte dabei sein: ICH!" „Aber kannst du nicht mitkommen und einfach zwischendurch nach Hause fahren? Das muss doch irgendwie gehen!", hakte Bobby nach und Jenny bekräftigte: „Du musst mit, ohne dich wird es nur halb so lustig." Pat schenkte ihnen ein dankbares Lächeln. „Ihr seid lieb, aber Quentin ist ziemlich weit weg, und wer weiß, ob meine Eltern mir erlauben, die lange Zugfahrt hin und wieder zurück allein zu machen. Oder ich müsste nach der Feier zurück nach Lindenhof, und das fände ich auch blöd. Das wäre dann nichts Halbes und nichts Ganzes." Hanni fasste sie aufmunternd am Arm. „Fragen kannst du ja auf jeden Fall. Ein Versuch schadet nicht!" Sie nahmen im Speisesaal Platz, und Claudine schmierte sich gutgelaunt Butter auf ihr Brot. „Ich bekomme keinen geraden Ton heraus. Tanzen ist mir zu anstrengend, und ob ich schauspielerisch begabt bin, weiß ich nicht. Aber ehrlich gesagt bin ich sehr erleichtert, der schrecklichen Sonne zu entkommen. Ich habe gerade gestern eine neue Sommersprosse entdeckt. Abominable - fürchterlich! Außerdem: Ich kann doch Tantchen unmöglich allein in die Fremde lassen. Also auf nach Quentin!" Die Mädchen kommentierten Claudines Bemerkung mit einem Grinsen. Sonst war Claudine nämlich eher auf der Flucht vor Mamsell, die immer bestrebt war, eine schützende Hand über ihre Lieblingsnichte zu halten. Zufrieden trank Hanni einen Schluck Tee, als ihr Petra auffiel, die nachdenklich in ihrer Tasse rührte. „Wie sieht es mit dir aus?" Petra sah sie bedauernd an. „Ihr habt es ja gehört: Ich habe schon ein paar Ideen für ein Physikprojekt ausgeknobelt. Ihr findet es vielleicht albern, aber das würde ich wirklich gerne mit der zweiten und dritten Klasse durchführen, wenn Frau Theobald es erlaubt." Sie machte eine Pause, bevor sie fortfuhr. „Und ich bin nicht wirklich ein Show-Talent. Ich glaube, ich warte die Projektwochenvorbesprechung ab, bevor ich mich entscheide."
Das waren viele Worte für die stille Petra, und es war ihr anzumerken, wie schwer es ihr fiel, ihre Meinung zu äußern. Vor allem, weil sie die Einzige war, die nicht mitwollte. Jenny stutzte. „Da müsste schon die Wüste zufrieren, damit ich lieber Physik mache, als auf Entdeckungsreise zu gehen. Aber ich bin ja auch nicht so schlau wie du, Petra." Sie lächelte ihr zu und konzentrierte sich sofort wieder auf die anderen Mädchen. „Aber dann haben wir doch alle ... bis auf ..." Alle folgten Jennys Blick zu den zwei Mädchen am Tischende. Elli und Angela schienen gar nicht mitzubekommen, was gerade um sie herum geschah, so vertieft waren sie in ihr Gespräch. Angela fuhr sich mit der Hand über das goldblonde Haar. „Ob ich meine Mutter bitten soll, mir mit unserem Chauffeur einen Extrakoffer schicker Kleider bringen zu lassen? Dort brauchen wir bestimmt eine ganz andere Garderobe!"
Elli stimmte eifrig zu. „Und ich muss unbedingt noch zum Friseur!" Um das Gesagte zu unterstreichen, tätschelte sie ihre Haare und sah dabei so ernst und drollig drein, dass Hanni nicht aufpasste und sich den Mund am heißen Tee verbrannte. Gleichzeitig schimpfend und lachend wischte sie sich den Mund mit ihrer Serviette ab.
Erst jetzt schien Angela und Elli wieder bewusst zu werden, dass sie noch nicht in Hollywood waren.
Misstrauisch sah Angela die Klassenkameradinnen an. „Was gibt es denn da zu gaffen?"
Jenny beruhigte sie mit einem unschuldigen Augenaufschlag. „Ganz und gar nichts. Wir freuen uns nur, dass ihr auch so gerne mit nach Quentin wollt."
© 2011 SchneiderBuch verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
„Zwei Wochen Studienfahrt! Klingt das nicht einfach himmlisch?", seufzte Hanni neidisch, während sie den älteren Schülerinnen nachblickte, die gut gelaunt die Gänge entlang schlenderten. Es dauerte zwar noch einige Wochen bis zu den Sommerferien, doch sie hatten bereits alle Klassenarbeiten geschrieben. Das zweite Schulhalbjahr fiel in diesem Jahr besonders lang aus, und daher hatte Frau Theobald beschlossen, die verbleibende Zeit vor den Ferien für eine gemeinsame Studienfahrt der fünften und sechsten Klasse zu nutzen. „Immerhin haben wir die Büffelei hinter uns und können reinen Gewissens ein bisschen faulenzen", versuchte Nanni ihre Schwester aufzumuntern. Doch auch wenn sich die zwei Mädchen mit ihren braunen Pferdeschwänzen und den Sommersprossen äußerlich glichen wie ein Ei dem anderen, hatte die quirlige Hanni deutlich weniger Bedürfnis nach Ruhe als ihre Schwester. „Ich würde viel lieber auch wegfahren, statt hierzubleiben. Zu öde, dass wir nicht mitdürfen. Dabei sind wir doch schon in der Vierten. Ich verstehe einfach nicht, warum das eine Jahr so viel ausmachen soll!" Lässig legte Bobby den rechten Arm um Hannis, den linken um Nannis Schulter. „Wenn wir schon nicht wegfahren, sollten wir uns etwas einfallen lassen, damit in den nächsten Wochen keine Langeweile aufkommt. Hat Hilda nicht etwas von Projektwochen läuten hören? Vielleicht bringt das etwas Abwechslung. Ich hätte auch schon ein paar Ideen: Wie wäre es zum Beispiel, wenn wir Lügendetektoren bauen? Oder einen Hausaufgabenroboter, der uns die tägliche Plackerei abnimmt?" Nanni stimmte sofort in Bobbys Lachen ein, doch Hanni war nicht so schnell bereit, sich mit den Tatsachen abzufinden. Unzufrieden stampfte sie auf. „Ach, Projekte! Mir wäre ein Wunder lieber, damit wir auch mit auf die Studienfahrt dürfen!" „Na kommt schon, lasst uns mal sehen, was die anderen machen", versuchte Nanni noch einmal, dem Gejammer ein Ende zu bereiten. Gerade hatten sie sich zum Gehen gewandt, als eine wohlbekannte Stimme sie zurückhielt. „Hanni, Nanni, Bobby, das trifft sich ja bestens." Unerwartet sahen sie sich ihrer Direktorin gegenüber. „Ich hätte da ziemlich dringend etwas mit eurer Klasse zu besprechen." Frau Theobald warf einen abschätzenden Blick auf ihre Armbanduhr. „Jetzt muss ich noch zu Mamsell, aber gleich danach habe ich Zeit. Sagt doch bitte euren Klassenkameradinnen Bescheid, dass ich euch in einer Stunde bei mir im Büro erwarte." Freundlich nickte sie ihnen zu, bevor sie würdevoll wie immer an ihnen vorbei in das Lehrerzimmer verschwand. Verdutzt sahen die Mädchen ihr hinterher. Bobby brach als Erste das Schweigen. „Habt ihr einen Schimmer, wem oder was wir diese spontane Einladung verdanken? Wir haben doch nichts ausgefressen, oder sehe ich das falsch?"
Nanni antwortete im Brustton der Überzeugung: „Nein, natürlich nicht, zumindest nicht dass ich wüsste, aber sie sah ja eben auch nicht verärgert aus. Wenn ihr mich fragt, klang das eher so, als hätte sie gute Neuigkeiten." Hannis Miene hellte sich auf. „Wer weiß - vielleicht hat der Himmel unser Flehen erhört und wir dürfen doch mit den Großen fahren." Nanni kicherte über ihren dramatischen Ton. „Jetzt mach aber mal halblang!" Aber ihre Schwester und Bobby fingen nun an, alle möglichen Vermutungen darüber anzustellen, was Frau Theobalds Anliegen sein könnte. „Vielleicht eine neue Schülerin? Eher unwahrscheinlich kurz vor den Sommerferien. Oder geht es doch um die Projektwochen?" Wieder war es Nanni, die sie bremste: „Eins nach dem anderen, erst einmal müssen wir den anderen Bescheid sagen." Aufgekratzt liefen sie los, und als sie wenig später im Aufenthaltsraum ankamen, empfing sie fröhliches Stimmgewirr und gemütliches Chaos. Doris und Marianne ließen sich von Carlotta unter vergnügtem Lachen einen Tanzschritt beibringen. Unbeeindruckt von der lauten Musik, die aus dem Radio dröhnte, saß Claudine in einem der Polstersessel und bestickte hingebungsvoll ein Halstuch. Petras schlaue Nase steckte wie so oft in einem dicken Buch, und neben ihr schmökerte Hilda in einer Zeitschrift. Bei dem schwungvollen Auftritt der drei Freundinnen blickten alle erwartungsvoll hoch. „Was ist los? Habt ihr im Lotto gewonnen?", fragte Hilda. Bobby antwortete mit einer Gegenfrage. „Wer weiß? Vielleicht haben wir das sogar? Ratet, wen wir gerade vorm Schwarzen Brett getroffen haben!" Aber sie ließ ihnen keine Chance zu antworten, sondern erzählte rasch weiter: „Frau Theobald! Sie hat uns beauftragt, euch zusammenzutrommeln. Um sechs Uhr sollen wir alle in ihr Büro kommen, weil sie etwas mit uns zu besprechen hat - dringend!" Hilda zog erstaunt die Augenbrauen in die Höhe. „Hat sie denn nicht mal angedeutet, worum es geht?" Als Hanni verneinte, wurde es erst ganz still, doch nur einen Moment später schwatzten alle durcheinander. Schnell spaltete sich die Klasse in zwei Parteien. Die einen - allen voran Bobby und Hanni - glaubten, dass es sich um gute Nachrichten handelte. „Vielleicht gibt es noch freie Plätze für die Studienfahrt, und wir dürfen doch mitfahren", schlug Hanni vor. Bobby machte große Augen. „Ja, vielleicht ... ?" Nanni und einige andere hielten diese Hoffnungen für verfrüht. „Wahrscheinlich geht es um etwas ganz anderes!" Über der hitzigen Diskussion vergaßen sie ganz, auf die Uhr zu schauen, bis Hanni sie unterbrach: „Egal, was Frau Theobald uns zu verkünden hat, in wenigen Minuten sind wir schlauer!" Es war so still, dass man ein deutliches Knarren hörte, als die große Marianne auf ihrem Stuhl ungeduldig hin und her rutschte. Nicht nur sie, auch alle anderen saßen gespannt wie Flitzebögen vor dem Schreibtisch ihrer Direktorin und warteten darauf, dass sie endlich das Wort ergriff. „Bestimmt habt ihr euch schon gefragt, worüber ich mit euch reden möchte!", leitete Frau Theobald das Gespräch ein und schürte damit, wenn das überhaupt möglich war, die Neugier ihrer Schülerinnen noch ein wenig mehr. Vorsichtig zog sie einen Briefumschlag aus ihrer ledernen Schreibmappe. „Vor einigen Monaten habe ich das Feiertagswochenende bei meiner Schwester verbracht. Bei dieser Gelegenheit haben wir uns eine Abendveranstaltung der dort ansässigen Quentin-Schule für Künste angeschaut." Die Mädchen horchten auf. Quentin?
„Ist das nicht das Internat, auf das Nadine gewechselt ist?", fragte Nanni. Frau Theobald nickte. „Ganz genau! Ich muss sagen, es war eine wirklich fabelhafte Aufführung. Es wurden verschiedene Darbietungen gezeigt. Ein kleines Theaterstück, Gesang, Ballett, alles begleitet von einem hervorragenden Schulorchester. Nadine hatte ebenfalls einen Auftritt. Sie hat sich wirklich prächtig entwickelt!" Die Mädchen hörten teils erfreut, teils enttäuscht zu. Sie konnten sich noch gut an ihre Überraschung erinnern, als sich herausstellte, dass die schüchterne „graue Maus" Nadine eine wundervolle Stimme hatte, mit der sie alle beim legendä ren Lindenhof-Ravenstein-Gesangswettbewerb bezau bert, ja sogar zu Tränen gerührt hatte. Da war es kaum verwunderlich, dass Nadines Eltern das Gesangstalent ihrer Tochter fördern wollten und sie auf eine Schule mit künstlerischem Schwerpunkt geschickt hatten. Aber was gab es denn dazu so Wichtiges zu besprechen? „Hat Nadine Ihnen geschrieben?" Hanni beschloss, den Stier bei den Hörnern zu packen. Frau Theobald entfaltete langsam den dicht beschriebenen Briefbogen. „Nein, dieser Brief ist nicht von Nadine", antwortete die Direktorin. „Er ist von Frau Reinhoff, Quentins Direktorin. Ich bin nach dem Konzert mit ihr ins Gespräch gekommen. Ihr müsst wissen, Nadine hat Lindenhof ihren neuen Mitschülerinnen gegenüber in den allerhöchsten Tönen gelobt. Frau Reinhoff wusste schon einiges über uns und wollte gerne noch mehr erfahren. Ich war mindestens genauso interessiert daran, mir Quentin etwas genauer anzuschauen, daher hat sie mich gleich für den nächsten Tag eingeladen. Ich habe den ganzen Nachmittag dort verbracht." Sie machte eine Pause, und ein kleines Rascheln des Papiers bewirkte, dass sich die Mädchen wie auf Knopfdruck ein Stück nach vorn lehnten. „Gestern habe ich nun diese Nachricht von ihr erhalten, mit der sie euch einlädt, einige Wochen in Quentin zu verbringen!" Die Mädchen trauten ihren Ohren nicht und blieben mucksmäuschenstill, während Frau Theobald weitersprach. „Wir haben uns überlegt, eine Art Austauschprogramm der vierten Klassen ins Leben rufen. Unsere Mädchen sollten die Gelegenheit bekommen, auch einmal andere Schulformen zu erleben. Da in Quentin einige Klassen recht kurzfristig das Angebot für eine Theaterfreizeit angenommen haben, kamen wir auf die Idee, den ersten Austausch auf die Wochen vor den Sommerferien zu legen. Im Gegenzug kämen dann einige Quentin-Schülerinnen vor den Winterferien nach Lindenhof."
Langsam begannen die Mädchen das soeben Gehörte zu begreifen. „Soll das bedeuten, dass wir, also unsere Klasse, tatsächlich zu Nadine nach Quentin fahren darf?", fragte Hanni atemlos.
Frau Theobald steckte den Brief wieder in den Umschlag. „Ehrlich gesagt, bin ich sehr gespannt, was ihr für Erfahrungen machen werdet. Quentin ist ebenfalls ein angesehe nes Mädcheninternat, hat aber ein völlig anderes Lehrkonzept. Viele Fächer haben einen künstlerischen Bezug: Ballett,
Choreografie, Schauspiel, Malerei und einiges mehr. Ihr müsst wissen, Quentins regelmäßige Aufführungen sind in Kennerkreisen hochgelobt, und nicht wenige der ehemaligen Schülerinnen haben große Karrieren gemacht." Beeindruckt lauschten die Mädchen Frau Theobalds Erklärungen. Austauschschülerinnen in einer echten Künstler-schmiede? Das hatte Flair! „Wann genau? Und wie ... ?" Hannis Stimme überschlug sich fast. „Ich habe das Thema mit einigen Lehrerinnen besprochen. Wie ihr sicher wisst, wird Frau Roberts die Studienfahrt begleiten. Frau Lewis möchte nach dem Unfall ihrem ge brochenen Fuß etwas Ruhe gönnen und bleibt lieber hier. Mamsell ist eine große Liebhaberin der Künste und kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus, als ich ihr von der Schule berichtet habe. Zudem befindet sich die dortige Französischlehrerin mit auf der Theaterfreizeit, sodass Mamsell als Austauschlehrerin herzlich willkommen wäre." Die Mädchen wechselten vielsagende Blicke. Das versprach lustig zu werden. Sie alle mochten ihre temperamentvolle Französischlehrerin mit dem großen Herz. Petra brannte jedoch eine andere Frage auf der Seele: „Aber stimmt es, dass während der Zeit, in der die anderen verreist sind, für die jüngeren Schülerinnen Projektwochen stattfinden?" „Ja", antwortete Frau Theobald. „Einige Mädchen aus der Fünften fahren ja nicht mit und haben sich schon angeboten, gemeinsam mit den Lehrerinnen ein paar Kurse zu organisieren. Warum fragst du?" Petra zögerte mit ihrer Antwort. „Ach, ich hatte da so eine Idee für ein Physikprojekt." „Das Planungstreffen für die Projektwochen findet morgen Nachmittag statt. Du bist herzlich willkommen. Vielleicht möchte eines der älteren Mädchen deine Idee aufgreifen", schlug die Direktorin vor und richtete den Blick auf die anderen Mädchen, die sich für Projektwochen so gar nicht mehr interessieren konnten. In Gedanken waren sie schon dabei, ihre Koffer für Quentin zu packen.
„Ich brauche euch nicht zu sagen, dass wir mit den Vorbereitungen für den Austausch zeitlich sehr knapp dran sind. Ich benötige selbstverständlich auch noch die Einverständniserklärung eurer Eltern, und dann müsste ich Frau Rein-hoff Bescheid geben, dass wir ihre nette Einladung gerne annehmen."
Ohne nachzudenken, platzte Jenny heraus. „Ich kann es kaum erwarten, endlich mal was Neues!" Betroffen schlug sie sich die Hände vor den Mund. „So hab ich das natürlich nicht gemeint, ich ... ich ... " Frau Theobald nahm ihr den kleinen Gefühlsausbruch aber keinesfalls übel. „Bestimmt habt ihr jetzt eine Menge zu besprechen. Geht und genießt euer Abendessen. Überlegt euch bis morgen, wer mitfahren möchte, und teilt mir eure Entscheidung dann mit." Mit diesen Worten waren sie entlassen und fanden sich kurz darauf auf dem Flur wieder.
Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, griff Hanni nach den Händen ihrer Schwester und setzte zu einem Freudenhüpfer an. Sie liebte Abenteuer, und das sah ganz nach einem aus. „Quentin! Schule für Künste - das stelle ich mir ungeheuer aufregend vor." Auch Doris war völlig in ihrem Element: „Mädchen, habt ihr gehört, wie Theo erzählt hat, dass viele Quentin-Schülerinnen eine große Karriere gemacht haben? Ich wette, wenn ich erst mal dort bin, werde ich entdeckt und gewinne irgendwann einmal einen wichtigen Filmpreis." Claudine schmunzelte. „Natürlich! Selbst wenn wir den erst erfinden müssen, aber das schaffen wir auch noch. Vielleicht so was wie ‚Die goldene Linde‘?" Die Mädchen mussten lachen. „Pass mal auf, am Ende wirst du tatsächlich entdeckt", rief Jenny. Immerhin hatte Doris sie schon oft mit ihren komischen Einlagen zum Lachen gebracht. Legendär war ihr Auftritt auf Mamsells Geburtstagsfest, bei dem sie eine liebevolle Parodie der Französischlehrerin zum Besten gegeben hatte. Aber nun siegte der knurrende Magen doch über die großen Neuigkeiten, und sie zogen Doris in Richtung Speisesaal. „Am liebsten würde ich sofort morgen losfahren! Auf nach Quentin!", rief Doris. Nanni teilte ihre Begeisterung. „Ganz ehrlich, das finde ich noch besser als eine Studienfahrt oder Badeferien oder so was. Ich meine, das kann man schließlich immer noch machen, in den Sommerferien mit Mama und Papa zum Beispiel." Hanni ergänzte sofort: „Ganz genau! So eine Chance kommt nur einmal, und die darf man sich nicht entgehen lassen. Wer will schon in der Sonne schwitzen, wenn man stattdessen Bühnenluft schnuppern darf?" „Aber möchten denn tatsächlich alle mit?" Hilda sah in die Runde. „Na klar wollen wir, was gibt es da zu bereden. Wir hätten Theo gleich zusagen können!", begehrte Carlotta auf und pustete sich eine ihrer wilden schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sie als ehemaliges Zirkusmitglied konnte ihr Glück kaum fassen: Da stand bestimmt auch Akrobatik auf dem Stundenplan! Hanni und Nanni schauten ihre Freundinnen an. Marianne, Doris, Bobby und Jenny hatten aus ihrer Vorfreude keinen Hehl gemacht. Pat wirkte ein bisschen stiller als sonst, und dann antwortete sie Hilda: „Ich würde zu gerne mitkommen, das könnt ihr mir glauben. Aber da gibt es ein Problem: Meine Großtante Heidelinde feiert genau dann, wenn wir in Quentin wären, ihren neunzigsten Geburtstag. Meine Eltern veranstalten ein riesiges Fest mit allen Verwandten, manche von ihnen reisen extra aus dem Ausland an. Und selbstverständlich muss Großtante Heidelindes Lieblingspatengroßnichte dabei sein: ICH!" „Aber kannst du nicht mitkommen und einfach zwischendurch nach Hause fahren? Das muss doch irgendwie gehen!", hakte Bobby nach und Jenny bekräftigte: „Du musst mit, ohne dich wird es nur halb so lustig." Pat schenkte ihnen ein dankbares Lächeln. „Ihr seid lieb, aber Quentin ist ziemlich weit weg, und wer weiß, ob meine Eltern mir erlauben, die lange Zugfahrt hin und wieder zurück allein zu machen. Oder ich müsste nach der Feier zurück nach Lindenhof, und das fände ich auch blöd. Das wäre dann nichts Halbes und nichts Ganzes." Hanni fasste sie aufmunternd am Arm. „Fragen kannst du ja auf jeden Fall. Ein Versuch schadet nicht!" Sie nahmen im Speisesaal Platz, und Claudine schmierte sich gutgelaunt Butter auf ihr Brot. „Ich bekomme keinen geraden Ton heraus. Tanzen ist mir zu anstrengend, und ob ich schauspielerisch begabt bin, weiß ich nicht. Aber ehrlich gesagt bin ich sehr erleichtert, der schrecklichen Sonne zu entkommen. Ich habe gerade gestern eine neue Sommersprosse entdeckt. Abominable - fürchterlich! Außerdem: Ich kann doch Tantchen unmöglich allein in die Fremde lassen. Also auf nach Quentin!" Die Mädchen kommentierten Claudines Bemerkung mit einem Grinsen. Sonst war Claudine nämlich eher auf der Flucht vor Mamsell, die immer bestrebt war, eine schützende Hand über ihre Lieblingsnichte zu halten. Zufrieden trank Hanni einen Schluck Tee, als ihr Petra auffiel, die nachdenklich in ihrer Tasse rührte. „Wie sieht es mit dir aus?" Petra sah sie bedauernd an. „Ihr habt es ja gehört: Ich habe schon ein paar Ideen für ein Physikprojekt ausgeknobelt. Ihr findet es vielleicht albern, aber das würde ich wirklich gerne mit der zweiten und dritten Klasse durchführen, wenn Frau Theobald es erlaubt." Sie machte eine Pause, bevor sie fortfuhr. „Und ich bin nicht wirklich ein Show-Talent. Ich glaube, ich warte die Projektwochenvorbesprechung ab, bevor ich mich entscheide."
Das waren viele Worte für die stille Petra, und es war ihr anzumerken, wie schwer es ihr fiel, ihre Meinung zu äußern. Vor allem, weil sie die Einzige war, die nicht mitwollte. Jenny stutzte. „Da müsste schon die Wüste zufrieren, damit ich lieber Physik mache, als auf Entdeckungsreise zu gehen. Aber ich bin ja auch nicht so schlau wie du, Petra." Sie lächelte ihr zu und konzentrierte sich sofort wieder auf die anderen Mädchen. „Aber dann haben wir doch alle ... bis auf ..." Alle folgten Jennys Blick zu den zwei Mädchen am Tischende. Elli und Angela schienen gar nicht mitzubekommen, was gerade um sie herum geschah, so vertieft waren sie in ihr Gespräch. Angela fuhr sich mit der Hand über das goldblonde Haar. „Ob ich meine Mutter bitten soll, mir mit unserem Chauffeur einen Extrakoffer schicker Kleider bringen zu lassen? Dort brauchen wir bestimmt eine ganz andere Garderobe!"
Elli stimmte eifrig zu. „Und ich muss unbedingt noch zum Friseur!" Um das Gesagte zu unterstreichen, tätschelte sie ihre Haare und sah dabei so ernst und drollig drein, dass Hanni nicht aufpasste und sich den Mund am heißen Tee verbrannte. Gleichzeitig schimpfend und lachend wischte sie sich den Mund mit ihrer Serviette ab.
Erst jetzt schien Angela und Elli wieder bewusst zu werden, dass sie noch nicht in Hollywood waren.
Misstrauisch sah Angela die Klassenkameradinnen an. „Was gibt es denn da zu gaffen?"
Jenny beruhigte sie mit einem unschuldigen Augenaufschlag. „Ganz und gar nichts. Wir freuen uns nur, dass ihr auch so gerne mit nach Quentin wollt."
© 2011 SchneiderBuch verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
... weniger
Autoren-Porträt von Enid Blyton
Enid Blyton, geb. 1897 in London, begann im Alter von 14 Jahren, Gedichte zu schreiben. Bis zu ihrem Tod im Jahre 1968 verfasste sie über 700 Bücher und mehr als 10.000 Kurzgeschichten, die in über 40 Sprachen übersetzt wurden. Bis heute gehört Enid Blyton zu den meistgelesenen Kinderbuchautoren der Welt und mit den 'Fünf Freunden' hat sie die bekanntesten Helden aller Zeiten geschaffen.
Bibliographische Angaben
- Autor: Enid Blyton
- Altersempfehlung: 8 - 99 Jahre
- 2011, 188 Seiten, 14 Abbildungen, Masse: 14,1 x 21,7 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Schneiderbuch
- ISBN-10: 350512835X
- ISBN-13: 9783505128356
- Erscheinungsdatum: 08.09.2011
Kommentar zu "Hanni und Nanni schnuppern Bühnenluft / Hanni und Nanni Sonderband Bd.4"
0 Gebrauchte Artikel zu „Hanni und Nanni schnuppern Bühnenluft / Hanni und Nanni Sonderband Bd.4“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Hanni und Nanni schnuppern Bühnenluft / Hanni und Nanni Sonderband Bd.4".
Kommentar verfassen